DSGVO, Melatenfriedhof und Kölsch RWS-Buchhändlertreff 2018

Es ist inzwischen eine Tradition: Zum elften Mal fand im Juni 2018 der RWS-Buchhändlertreff statt. Etwa zwanzig Buchhändlerinnen und Buchhändler wurden in den Verlag eingeladen, es gab einen Fachvortrag zu einem aktuellen Thema, eine Stadtführung, die jedes Jahr andere Aspekte Kölns vorstellt, und einen Abend bei Kölsch und Essen in einem Kölner Brauhaus.

So schnell ausgebucht wie dieses Jahr war der Buchhändlertreff allerdings noch nie. Dies hatte wohl mit dem Thema des Fachvortrags zu tun, der den Titel trug „Datenschutz im Buchhandel – Was Sie im Hinblick auf die neue Datenschutzgrundverordnung jetzt beachten müssen“. Als Referent konnte Dr. Adil-Dominik Al-Jubouri gewonnen werden, der sich als Anwalt in der Rechtsabteilung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels seit Jahren mit dem Thema Datenschutz befasst und selbst als Datenschutzbeauftragter tätig ist. Auf seine Informationen aus erster Hand waren alle Teilnehmer gespannt – und sie wurden nicht enttäuscht.

Al-Jubouri sprach über die jetzt notwendigen Anpassungen der betrieblichen Abläufe, über Details bei der Ausgestaltung der eigenen Homepage und des Webshops oder darüber, was beim Versand von Newslettern zu beachten ist. Er erinnerte zudem daran, dass die zentralen Elemente der DSGVO schon seit mehreren Jahren geltende Vorschriften sind, bislang aber von vielen Marktteilnehmern nicht allzu ernst genommen wurden.

Bei einer Prüfung durch die Datenschutzbehörde ist ein aktuelles Verfahrensverzeichnis das zentrale Element des Prüfverfahrens. Als Tipp empfahl er, die Dokumentationen rund um das Verfahrensverzeichnis in Papierform abzulegen, so dass man im Fall einer Ermittlung den ermittelnden Beamten direkt einen Ordner überreichen kann, um so eine mögliche Beschlagnahme von Arbeitsmitteln wie Rechner oder Notebook zu vermeiden. Auch Zweifelsfälle sollten darin dokumentiert sein, Fragen, mit denen man sich auseinandergesetzt und die Antworten, die man darauf gefunden hat – denn entscheidend ist es nachzuweisen, dass man sich mit diesen Fragen beschäftigt hat. Das bürokratische Prozedere, das die Ausgestaltung der DSGVO in Deutschland mit sich bringt, macht einen schon etwas fassungslos. Oder, wie es RWS-Verleger Markus J. Sauerwald so treffend auf den Punkt brachte: „Wenn die Digitalisierung zur Wiederbelebung der Aktenordner führt.“

Natürlich ging es auch um das leidige Thema Abmahnungen. Momentan seien – so Al-Jubouri – noch kaum Abmahnungen bekannt geworden. Er gehe aber davon aus, dass Abmahnvereine erst einmal etwas Zeit verstreichen ließen; die erste Welle würde dann diejenigen treffen, die sich nicht um die DSGVO gekümmert haben.

Der Vortrag ging nahtlos in eine ziemlich lebhafte Diskussion über, in der über konkrete Umsetzungsprobleme gesprochen wurde, die allen Teilnehmern auf den Nägeln brannten. Rechtsanwalt Al-Jubouri gab souverän Auskunft, alle Anwesenden konnten von seinem profunden Fachwissen profitieren. Natürlich blieben zahlreiche Fragen offen, was aber dem Stand der DSGVO-Diskussion geschuldet ist, bei der es noch lange Zeit Unklarheiten und Umsetzungsschwierigkeiten geben wird, individuell und verordnungsbedingt.

Nach einer kurzen Pause konnten alle Teilnehmer des RWS-Buchhändlertreffs erst einmal kräftig durchatmen. Und zwar in der grünen Lunge mitten in der Stadt, auf dem Friedhof Melaten direkt neben dem RWS Verlag. Dieser Ort ist ein 1809 gegründeter Stadtfriedhof, mit 435.000 m² und über 50.000, zum Teil mehr als 200 Jahre alten Grabstätten eine der größten deutschen Ruhestätten, verwunschen, beeindruckend, überragt von prächtigen Bäumen.

Der Kölner Stadtführer Bruno Knopp, der im vergangenen Jahr unser Buchhandelsgäste auf eine Büdchentour mitgenommen hatte, lotste die Gruppe quer durch das weitläufige Gelände. Er erläuterte die geschichtliche Entwicklung des Friedhofs – die auch stets die architektonischen und gesellschaftlichen Veränderungen bestimmter Epochen widerspiegelt – und zeigte uns die Grabstellen bekannter Menschen.

Manche davon mit lokaler Berühmtheit, wie etwa Karl Küpper, auf dessen Grabstein „Karnevalist“ zu lesen ist und der es als einer der wenigen im Kölner Karneval gewagt hatte, während des „Dritten Reichs“ die Machthaber zu kritisieren. Was ihm ein Sprechverbot eintrug und nach dem Krieg eine gesellschaftliche Ausgrenzung, da er mit seinem mutigen Verhalten für viele Kölner ein personifiziertes schlechtes Gewissen darstellte. Andere sind weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, wie etwa Hans Böckler, der als Gewerkschaftsvorsitzender die Montanmitbestimmung der Arbeitnehmer ausgehandelt hat, oder Hans-Jürgen Wischnewski, dessen diplomatisches Geschick in der Außenpolitik des Kabinetts von Helmut Schmidt schon beinahe legendär war.

Eines der älteren Gräber ist dasjenige von Maria Clementine Martin, die nach der Schlacht von Waterloo 1815 für ihren Einsatz bei der Pflege der Verwundeten beider Seiten vom preußischen König eine Leibrente erhielt – der Grundstock für die Gründung ihres eigenen Heilpräparate-Unternehmens, das noch heute existiert und dessen wichtigstes Produkt als Klosterfrau Melissengeist auf dem Markt ist.

Die eineinhalb Stunden auf Melaten waren gefüllt mit Wissenswertem, mit Nachdenklichem, mit Anekdoten, auch mit Skurrilem und es würde den Rahmen dieses Berichtes sprechen, alles wiedergeben zu wollen.

Der weitere Verlauf der Buchhändler-Tour führte hinein in den Stadtteil Lindenthal, vorbei an der Kirche Christi Auferstehung – um 1970 von Gottfried Böhm im Stil des Brutalismus errichtet – und entlang der Lindenthaler Kanäle. Sie wurden in den Zwanzigerjahren angelegt und gehörten eigentlich zu einer damals geplanten großflächigen Erweiterung des Stadtzentrums, die aber niemals zustande gekommen ist. Vorbei an prächtigen Gründerzeithäusern ging es direkt zum Ziel der Stadtwanderung: Ins Haus Schwan, einem Restaurant im Brauhausstil. Dort wurde dann bei Kölsch bis spät in den Abend hinein geredet, diskutiert und gelacht.

Für den RWS Verlag ist der RWS-Buchhändlertreff ein sehr wichtiger Termin im Jahresablauf. Der Austausch mit den Vertriebspartnern ist für beide Seiten bereichernd, persönliche Kontakte zu engagierten Buchhändlerinnen und Buchhändlern durch nichts zu ersetzen. Wir freuen uns daher jetzt schon auf den RWS-Buchhändlertreff 2019, bei dem es hoffentlich ein anderes Fachthema zu besprechen gibt.

Im Blog Claudia plaudert hat Claudia Wagner, eine der Teilnehmerinnen des RWS-Buchhändlertreffs ihre Eindrücke festgehalten.

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