Digitaler Protektionismus Neue Global Player sind im Kommen

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Dies ist ein Gastbeitrag der internationalen Anwaltskanzlei Gowling WLG, der uns von Jasmin Drescher freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde. Es geht um die Rohstoffe von morgen: Um Daten, die inzwischen ähnlich resolut verteidigt werden wie „klassische“ natürliche Ressourcen. Eine Untersuchung von Gowling WLG zeigt, dass „traditionelle“ Handelsbarrieren ihren Weg in die digitale Welt gefunden haben. Auch Deutschland schützt seine digitalen Schätze. Führend ist jedoch China, gefolgt von Russland und Indien. Für Unternehmen wird es immer wichtiger, diese Herausforderungen in ihre strategischen Überlegungen einzubeziehen.

Kohle, Öl, Erze: Die Bodenschätze des letzten Jahrhunderts. Schon immer waren Rohstoffe der Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg – und damit zugleich Gegenstand staatlicher Regulierung. Heute stehen andere Schätze im Mittelpunkt: Seltene Erden wie Kobalt oder Lithium sind eine Kategorie, die als schützenswert betrachtet wird. Die andere Kategorie sind digitale Daten. Wie gehen Staaten heute mit diesen Schätzen um? Die internationale Wirtschaftskanzlei Gowling WLG ist dieser Frage nachgegangen und beleuchtet in ihrer nun veröffentlichten Studie „Protektionismus 2.0: Digitale Kräfte treiben die neue protektionistische Agenda voran“ die unterschiedliche Herangehensweise verschiedener Länder und welche Schlüsse sich aus den Ergebnissen ziehen lassen. Die Studie untersucht dafür unter anderem Gesetze zur Regulierung des Datentransfers zwischen Ländern sowie Angebot und Nachfrage nach den Rohstoffen, die unsere Smart Homes, Smartphones und Elektrofahrzeuge lenken. Die Studie bezieht Daten aus einem früheren Bericht zum Welthandel ein.

Die wichtigsten Erkenntnisse:

  • Länder, die bereits in der Vergangenheit eine protektionistische Politik durch Zoll- und andere Handelsbarrieren betrieben haben, tun das zunehmend auch im Digitalbereich.
  • Besonders strenge Vorschriften finden sich in rohstoffreichen Ländern wie China und Russland, aber auch Indien, Vietnam, Argentinien und der Türkei.
  • Selbst hochentwickelte Nationen wie Deutschland und Frankreich gehen äußerst restriktiv vor.

„Wir haben ganz überraschende Korrelationen gefunden“, sagt Manuela Finger, Partnerin bei Gowling WLG in München. „Staaten definieren neue Grenzen im Welthandel, auch auf digitaler Ebene. Diese Regularien gehen über klassische Beschränkungen wie Tarifverträge oder Zölle hinaus. Unternehmen, die bei ihrer internationalen Strategie noch in klassischen Bahnen denken, tun gut daran, diese Entwicklungen im Blick zu behalten.“

Von Daten und seltenen Erden

Einige der in der Studie untersuchten Länder sind traditionell protektionistisch, verfügen also über gut dokumentierte Erfahrungen bei der Anwendung klassischer Handelsbarrieren wie Importzölle. Zugleich verfügen sie über beachtliche Rohstoffschätze, die für die digitale Revolution benötigt werden und in Smartphones, internetfähigen Geräten und Batterien für Elektrofahrzeuge Verwendung finden. Diese Länder haben ihre restriktive Philosophie auch auf die digitale Welt übertragen und zahlreiche strenge Datengesetze in Kraft gesetzt. Das gilt insbesondere für China, Russland und Indien.

China zum Beispiel war 2014 für mehr als 90 Prozent der weltweiten Produktion von seltenen Erden verantwortlich. Das Land verfügt über einige der größten Vorkommen an Lithium und Mangan – Materialien, die für Handybatterien benötigt werden. Gleichzeitig verhängt China fast doppelt so viele Beschränkungen des digitalen Handels wie jedes andere Land, etwa die Datenlokalisierung und Rechte an geistigem Eigentum betreffend.

Zum Vergleich: Die Vereinigten Staaten haben laut einer früheren Studie von Gowling WLG zwar bisher doppelt so viele Zölle wie jedes andere Land erhoben und erheben auch weiterhin zunehmend Zölle, sind aber, was den Umgang mit Daten betrifft, weniger protektionistisch. Gegenüber Datenflüssen und begrenzten globalen Rohstoffvorkommen bewahren sie ihre liberale Einstellung.

Deutschland verfügt nur über geringe natürliche Rohstoffvorkommen wie Mangan, Aluminium, Lithium, Graphit, Kobalt, Kupfer oder Nickel. Damit gehört es zwar zu den Ländern, die sowohl traditionell als auch digital protektionistisch agieren, erfüllt aber nicht die Regel, zugleich auch reich an Rohstoffen zu sein. Dennoch geht Deutschland sehr protektionistisch vor, was den Umgang mit Daten betrifft.

„Obwohl die digitale Revolution neue Märkte für internationale Unternehmen erschlossen hat, ergibt sich in Bezug auf Gesetze über den Datenverkehr ein zersplittertes Bild. Unternehmen sollten dies bei strategischen Entscheidungen berücksichtigen, nicht nur bei internationalen Expansionsplänen, sondern auch bei der Frage, durch welche Länder Datenströme fließen“, erklärt Manuela Finger und ergänzt: „Hinzu kommt die Suche nach den Rohstoffen, die für technische Hardware benötigt werden. Diese kann die staatliche Politik beeinflussen und Unternehmen zwingen, Geschäftsmodelle und Lieferketten zu überdenken. All diese Faktoren bilden Herausforderungen für Unternehmen.”

China hat 97 digital restriktive Gesetze erlassen, Russland 54 und Indien 61. Schwellenländer wie Brasilien (45) und Vietnam (46) weisen ebenfalls hohe Beschränkungen beim digitalen Handel auf, wie z. B. die fehlende Öffnung für digitale Investitionen und hohe Zölle auf digitale Güter. Deutschland ist verantwortlich für 44 bekannte Beschränkungen des digitalen Handels, die sich auf die Nutzung und den Austausch von Daten, den digitalen Wettbewerb, den Onlinehandel und Transaktionen beziehen.

Die gesamte Untersuchung zum Thema finden Sie unter gowlingwlg.com/protectionism

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